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AutorenbildThomas Gawlitta

Nachhaltige Betone - Game Changer für grüne Immobilien


Die Zementindustrie trägt weltweit zu acht Prozent der CO2-Emissionen bei. Während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes entfällt ein beträchtlicher Anteil des CO2-Fußabdrucks auf die Bauphase. Es scheint unvermeidlich, dekarbonisierten Zement und Beton als Game Changer für ESG-konforme Immobilien einzusetzen. Insbesondere in den letzten Jahren ist der Druck auf Immobilienentwickler gestiegen, da die Preise für europäische CO2-Zertifikate, die Unternehmen das Recht geben, CO2 freizusetzen, kontinuierlich steigen. Gleichzeitig legt die Europäische Union (EU) immer weniger CO2-Zertifikate auf, um Anreize für eine Reduzierung von Treibhausgasen zu schaffen. Die Baubranche wird mittelfristig nicht um die Dekarbonisierung herumkommen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und datenbasiertem Tracking ist jedoch bereits heute viel möglich - auch und insbesondere in der noch wenig digitalisierten Bauindustrie - Nachhaltige Betone.


Beton ist das Fundament, auf dem die Menschheit baut, doch bei der Herstellung dieses Baustoffs gibt es eine Herausforderung: Es bedarf neben Sand, Kies und Wasser vor allem Zement als Bindemittel. Ohne diesen fehlt Beton die wesentlichen Eigenschaften, nämlich Dauerhaftigkeit und Festigkeit. Allerdings entstehen während des Herstellungsprozesses von Zement, der aus Kalkstein und Ton besteht, erhebliche Mengen an Treibhausgasemissionen. Beim Erhitzen von Kalkstein, um ihn zu sogenanntem Zementklinker zu brennen, entsteht der größte Teil des Ausstoßes von fast 80 Prozent. Die Produktion einer Tonne Zement setzt etwa 600 Kilogramm Kohlendioxid frei - dieser chemische Prozess ist nicht zu verändern. Die Dekarbonisierung dieses Prozesses ist jedoch sehr aufwändig.

Lösungsansätze zur Dekarbonisierung von Zement und Beton


Die Idee der Carbon Capture and Utilization (CCUS), also das Einfangen und anschließende Verkappen des bei der Zementproduktion entstandenen Kohlendioxids unter der Erde, bedeutet einen extrem hohen Energieaufwand. Eine andere Lösung ist es, den Zementklinkeranteil zu reduzieren. Der Verein deutscher Zementwerke (VDZ) schätzt, dass durch die massive Reduktion des Klinkerfaktors – weniger Zementklinker im Zement und somit weniger Zement im Beton – jährlich 1,2 Gigatonnen CO2 eingespart werden können.

Konkret heißt das, Zementklinker als Bindemittel zu substituieren, zum Beispiel durch Flugasche, ein Nebenprodukt in Kraftwerken bei der Kohleverstromung, durch Hüttensand, der bei der Stahlherstellung anfällt oder durch Klinker-Ersatzstoffe wie Kalksteinmehl und calcinierte Tone. Durch ihre Nutzung wird die Herstellung von Beton jedoch komplexer, arbeitsintensiver und anspruchsvoller: Je geringer der Klinkerfaktor in der Rezeptur, desto präziser muss der Herstellungsprozess im Betonwerk sein. Die Folgen sind unter anderem ein höherer Personalaufwand und Mehrkosten, denn die Qualitätssicherung basiert auf langjähriger Erfahrung und dem Fingerspitzengefühl der Mitarbeitenden; sie ist quasi Handarbeit.

Mit künstlicher Intelligenz Wertschöpfungskette tracken


Das Green-Tech-Start-up alcemy setzt genau hier an und hat eine KI-Lösung entwickelt, um zur Dekarbonisierung der Zement- und Beton-Industrie beizutragen und den Klinkerfaktor mittels KI zu reduzieren. Dabei nutzt das Unternehmen maschinelles Lernen und Regelungstechnik zur präzisen Vorhersage der Qualitätseigenschaften der Baustoffe. Die aus der Technologie gewonnenen Daten geben in Echtzeit relevante Einblicke in die gesamte Wertschöpfungskette, beginnend bei der Zementmahlung und endend bei der Verarbeitung von Transportbeton auf der Baustelle. So können Zement und Beton CO2-ärmer und kostengünstiger hergestellt werden – bei gleichbleibend hoher Qualität.


Dank maschinellem Lernen Rendite und Wert von Gebäuden steigern


Die Vorteile der alcemy-Technologie liegen auf der Hand: Durch das datenbasierte Tracking des Herstellungsprozesses und der konstanten Analyse qualitätsrelevanter Daten kann eine höhere Gleichmäßigkeit und Qualität des Baustoffs gegenüber der konventionellen Handarbeit sichergestellt werden. Außerdem ermöglichen die fortlaufend gesendeten Istwerte an den Leitstand den Mitarbeitenden eine sofortige Reaktion auf eventuelle Abweichungen vom Sollwert. Für Projektentwickler bedeutet das letztendlich eine Einsparung von 50 bis 80 Prozent CO2 beim Beton und dadurch bares Geld bei den Emissionszertifikaten. Außerdem können bis zu 20 Prozent grauer Energie bei einem Bauprojekt eingespart werden, was zu höherer Rendite und einer Wertsteigerung der Gebäude führt. Auch sinken die Herstellungskosten, die mit dem Einsatz der Technologie verbunden sind, da kein zusätzliches Fachpersonal benötigt wird.


Klimaziele und bessere Rendite – KI macht es möglich


Die Baubranche spielt als einer der größten Wirtschaftszweige eine entscheidende Rolle beim Erreichen des Nachhaltigkeitsziels der EU, nämlich der Klimaneutralität bis 2050. Durch den Einsatz von KI-basierten Technologien rückt dieses Ziel nun in greifbare Nähe. Aber nicht nur die Umwelt profitiert von dieser Innovation, auch Immobilienentwickler und -eigentümer profitieren von CO2-effizienten Gebäuden, die mit stärkeren Renditen belohnt werden. ESG-Konformität beeinflusst zudem die Kreditkonditionen und die Entscheidungen darüber, ob ein Bankkredit bewilligt wird. Aus diesem Grund steigt die Nachfrage nach ESG-konformen Immobilienprojekten von Anlegern, Käufern und Auftraggebern stetig an. Die auf lange Sicht höhere Bepreisung von CO2 wird CO2-armen Zement in naher Zukunft deutlich rentabler machen als seine herkömmliche Alternative.




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